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Höhentraining - (nicht) nur etwas für Spitzensportler?

Höhentraining - (nicht) nur etwas für Spitzensportler?
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ilder von Leistungssportlern, die sich z.B. im Engadin (ca. 1850 m ü. M) oder anderen Höhenlagen auf bevorstehende Wettkämpfe vorbereiten sind uns vermutlich allen geläufig. Auch, dass ein Höhentraining (Hypoxietraining) zum Standard-Trainingsplan eines Topathleten gehört, überrascht nicht. Die Antwort auf die Frage, weshalb nicht nur Leistungssportler, sondern auch Freizeitsportler wie du und ich von einem Training in der Höhe profitieren können, liegt in der verstärkten Produktion von roten Blutkörperchen und der Erhöhung des energetischen Umsatzes. Ob Mountain-Biker, Velofahrer, Jogger, Ruderer, Schwimmer oder Weekend-Wanderer 😊: Erfahre, welche positiven Effekte es auf Leistung und Gesundheit hat, wenn du auf den weissen Spitzen trainierst. 

Veränderter Sauerstoffpartialdruck und der Anpassungsprozess des Körpers 

Der Sauerstoffanteil in der Luft ist unabhängig von der Höhe über dem Meeresspiegel und beträgt überall auf der Welt ca. 21% des atmosphärischen Drucks. Es macht diesbezüglich also keinen Unterschied, ob man sich am Meer oder auf dem Mount Everest befindet. Allerdings wird mit zunehmender Höhe die Luft dünner und der Luftdruck sinkt. Mit diesen Veränderungen geht auch eine Veränderung des sogenannten Sauerstoffpartialdrucks einher. Als Sauerstoffpartialdruck wird der Teildruck des im arteriellen Blut gelösten Sauerstoffs als Anteil am Gesamtdruck aller im Blut gelösten Gase bezeichnet. 

Je höher man sich über dem Meeresspiegel befindet, desto geringer ist der Sauerstoffpartialdruck im arteriellen Blut. Zum Ausgleich dieser Verringerung erfolgen im Körper eine Reihe von Anpassungsmechanismen die gewährleisten, dass dem Körper weiterhin ausreichend Sauerstoff zugeführt wird. Zu diesen Anpassungsmechanismen gehört zum Beispiel eine Sensibilisierung der Atemtätigkeit. Der Organismus gleicht den geringeren Sauerstoffpartialdruck im arteriellen Blut mit einer erhöhten Atemfrequenz und einem gesteigerten Atemminutenvolumen aus.  

Gleichzeitig kurbelt der Körper die Produktion und Ausschüttung von Erytrhopoetin (EPO) an. EPO wird in den Nieren gebildet und regt die Produktion von roten Blutkörperchen (Erythrozyten) im Knochenmark an. Der Körper stellt mehr Hämoglobin, ein Protein der roten Blutkörperchen bereit, welches entscheidend für die Bindung und den Transport von Sauerstoff im Blut ist. Je mehr Hämoglobin im Blut vorhanden ist, desto mehr Sauerstoff kann gebunden und transportiert werden.  

Positive Effekte des Höhentrainings auf Leistung und Gesundheit

Der entscheidende Punkt des Höhentrainings ist demnach eine verbesserte Sauerstofftransportkapazität im Blut sowie eine verbesserte Sauerstoffverwertung, die zu folgenden positiven Effekten führt: 

  • Erhöhter Energieumsatz und Verbesserung des (Fett)Stoffwechsels:
    Durch die allgemeine Steigerung der Belastungsintensität aufgrund des verminderten Sauerstoffpartialdrucks wird der energetische Umsatz erhöht sowie der (Fett)Stoffwechsel verbessert. Dies führt zu einem Anstieg des Kalorienverbrauchs, worauf der Körper mit einer erhöhten Aktivität glykolytischer Enzyme reagiert und eine Verschiebung des Energiestoffwechsels in Richtung Kohlenhydratverbrennung erfolgt. Dieser Effekt des erhöhten Energieumsatzes kann zum Beispiel als Unterstützung zur Gewichtsreduktion dienen. 
  • Verbesserte Ausdauerleistung: Durch die erhöhte Produktion von roten Blutkörperchen wird im Körper mehr Sauerstoff transportiert. Mehr Sauerstoff im Körper führt dazu, dass dem Organismus über einen längeren Zeitraum ausreichend Sauerstoff zur Verfügung gestellt werden kann, so dass die Ausdauerleistung steigt. Die nächste Joggingrunde im „Flachland“ fällt uns dann deutlich leichter.
  • Verschiebung der aeroben/anaeroben Schwelle (Laktatschwelle): Hypoxietraining führt zu einer Verschiebung der Laktatschwelle, d.h. dem Belastungsbereich, in dem das Sauerstoffangebot und der Sauerstoffverbrauch in den Zellen noch ausgeglichen ist bzw. Laktatbildung und -abbau gerade noch im Gleichgewicht stehen (steady state). Durch eine verbesserte Sauerstoffversorgung der Muskulatur kommt es zu einer Verzögerung der Laktatbildung, d.h. die Laktatschwelle wird erst zu einem „späteren“ Zeitpunkt bzw. bei einer „höheren“ Belastung erreicht.
  • Veränderungen auf muskulärer Ebene: Die erhöhte Sauerstofftransportfähigkeit des Blutes führt zu einer Zunahme des muskulären Sauerstoffspeichers (sog. Myoglobin). Dies wiederum führt dazu, dass die Muskeln besser mit Sauerstoff versorgt werden und dem physiologischen Verbrennungsprozess in den einzelnen Muskelzellen mehr Sauerstoff zugeführt werden kann.
  • Schnellere Regeneration: Bei der Rückkehr ins „Flachland“ stellt der Sportler, aufgrund der Steigerung der aeroben Kapazität, eine schnellere Regeneration nach Belastungen fest. 

Akklimatisation und Varianten des Höhentrainings

Diejenigen, die den bestmöglichen Trainingseffekt erzielen wollen (z.B. als Wettkampfvorbereitung), sollten über einen längeren Trainingszeitraum, idealerweise ca. 2-4 Wochen auf mindestens 1900m-2300m, nachdenken. Das Hypoxietraining kann auf verschiedene Arten erfolgen:

  • Sleep high - train high: Bei dieser Variante trainiert und schläft der Athlet auf gleichem Höhenniveau. Zur Vorbereitung auf einen Wettkampf in der Höhe ist dieses Konzept sehr wirkungsvoll.  
  • Sleep low - train high: Der Athlet trainiert in der Höhe, schläft aber weiterhin im „Flachland“. Diese Variante ist auf der Annahme entstanden, dass bereits ein kurzzeitiger Höhenaufenthalt zu Anpassungserscheinungen (z.B. Ausschüttung von EPO) führen kann. Der Nachteil dieses Trainings ist, dass keine Akklimatisation erfolgen kann. Die körperliche Belastung ist grösser und kann verstärkt Ermüdungssymptome hervorrufen. 
  • Sleep high - train low: Der Athlet trainiert weiterhin im Flachland, hält sich aber die meiste Zeit in der Höhe (ca. 2000 bis 2500 m ü. M) auf. Der Vorteil dieser Methode ist, dass die Akklimatisierung unter Ruhebedingungen erfolgen kann und somit negative Begleiterscheinungen in der Regel ausbleiben. 

Auch diejenigen, die nicht nach einem individuellen Plan trainieren, können von Aktivitäten in der Höhe profitieren. Allerdings werden die Effekte des Höhentrainings deutlich schwächer ausfallen: Es kann zwar davon ausgegangen werden, dass es – je nach Höhe und Dauer des Aufenthalts – ein erhöhter Energieumsatz festzustellen ist; eine verbesserte Ausdauerleistung ist, zum Beispiel durch (einfache) Wanderungen, nicht in dem Umfang zu erwarten, wie es bei einem gezielten Training der Fall sein wird. Wichtig an dieser Stelle ist, dass Freizeitsportler, die nicht regelmässig in der Höhe trainieren bzw. sich dort aufhalten, eine Akklimatisationsphase von 2-4 Tagen einplanen. 

Train high and enjoy to the fullest

Das Hypoxietraining ist also nicht nur etwas für Leistungssportler. Auch Freizeitsportler sollten ein solches Training in ihren Trainingsplan aufnehmen und von den positiven Effekten profitieren, die durch den Anpassungsmechanismus des Körpers an den niedrigeren Sauerstoffpartialdruck ausgelöst werden. Diese sind - wie viele Studien zeigen - zwar erwiesen, aber individuell verschieden, so dass jeder seinen eigenen Weg finden muss. Auch ohne einen spezifischen Trainingsplan sind Aktivitäten in der Höhe, wie Wandern oder Mountainbiken, gesund für Körper und Geist. Die Kombination von Höhentraining und Hochintensitäts-Intervalltraining kann die oben genannten Effekte verstärken, da es eine Schnittmenge in den Trainingseffekten zwischen beiden Trainingsmethoden gibt.


Ain't no mountain high enough - warum nicht also einmal die Laufstrecke im Allmend oder an der Reuss gegen einen oder zwei Trail Runs oder eine Mountainbiketour in den Bergen eintauschen, von den positiven Effekten profitieren und die wunderbare Natur geniessen!

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